Teil 9 – Alltag an der Dorfstraße, oder die Sache mit dem Besen
Teil 9 – Alltag an der Dorfstraße, oder die Sache mit dem Besen
Das Angebot zur Ernährung der Werdohler Mitte der 1800er Jahre, war natürlich noch nicht so umfassend wie wir es heute in den Supermärkten vorfinden. Auf dem Speiseplan stand das, was der Garten und das Feld jahreszeitlich gerade hergab. Hauptspeise war das Brot, und in den meisten Familien stand Fleisch lediglich am Sonntag auf dem Speiseplan. Jeder kannte den sogenannten Sonntagsbraten. Abwechlung fand man in den damals fischreichen Gewässern der Lenne und Verse. Die Wasserqualität war damals eine andere. Noch gab es nicht viele Fabriken an den Ufern der Flüsse, und Staustufen waren so gut wie unbekannt. So konnten in den damals fast ursprünglichen Flußläufen die Fische ohne Probleme ihre Wanderungen vollziehen. Die Kinder des Dorfes fingen die in Schwärmen vorkommenden kleinen silbergrau blinkenden „Maipiere“ (Elritze), aus denen man einen leckeren Fischsalat machte.
Die auf dem „Sand“ heranwachsenden Jungen legten heimlich Aalseile aus. Das war zwar verboten, aber in dem Fall gab es weder Kläger noch Richter. Den Lachs gab es zu dieser Zeit so reichlich in der Lenne, dass sich einige Hausbediensteten in den reicheren Häusern über den vielen Lachs als Mahlzeit für sie beschwerten. So verfügten die Herren von Wrede zu Brüninghausen bei Ohle, das seine Ackersknechte nur zweimal in der Woche Lachs bekommen sollten.
Im Mai während der Laichzeit der Hechte versuchten einige heimlich mit sogenannten Dreizack in der Soppe die Fische zu erlegen. Hier hatte ein Herr Kohlhage die Fischereirechte und wehe man wurde erwischt. Krebse die auch in Mengen in der Lenne gefangen wurden, scheinen schon früh, wie in den meisten deutschen Flüssen, durch eine Krankheit vernichtet zu sein. Ein Tagebucheintrag bezeugt, dass 1846 noch Krebse zum Verkauf am Kettling gefangen wurden.
Auch in der Verse waren die Krebse reichlich vorhanden. So soll es am Rutenpaul die größten Krebse der Verse gegeben haben. Eines Tages wurden karrenweise Fischleichen weggefahren , als an der oberen Verse ein Beizfass entleert worden war. Von dem Tag an war in dem einst an Forellen, Äschen und Krebsen so reichen Fischwasser der Verse kein Leben mehr. Dies hat sich zum Glück heute wieder erholt.